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Die Rettung des Klosters Lichtenthal (Sage)

Aus Stadtwiki Baden-Baden

Fresko in der Trinkhalle

Zusammenfassung[Bearbeiten]

In Kriegszeiten ist das Kloster bedroht. Wilde Horden, die alles niederbrennen ziehen durch das Land. Von einem Krieger holen sich die Klosterfrauen Rat. Sie zerstören selbst die Fassade des Klosters und verstecken sich in den hinteren unversehrten Räumen. Die List gelingt. Die Horden denken, dass das Kloster schon zerstört ist und ziehen weiter.

In einer anderen Version dieser Sage (,die auch als Fresko in der Trinkhalle zu sehen ist), legen die Klosterfrauen den Schlüssel des Klosters in in die Hände der Gottesmutter und bitten um Hilfe. Geblendet von dem strahlenden Standbild weichen die Soldaten zurück. Das Kloster bleibt unversehrt.

Originaltext[1][Bearbeiten]

Die Trommeln und Trommeten schallen

In wildem Lärmen durch das Land,

Die weißen Lilienbanner wallen

Und hinter ihnen wogt der Brand.

Schon wälzt hinan die düstre Lohe

Zur Quellenstadt des Krieges Sturm,

In Trümmern fällt das Schloß, das hohe,

Zusammen krachen Kirch' und Thurm.


Die Flamme hüpft durch alle Gassen

Und leckt zum Himmel hoch empor,

Es hüllt der Rauch in Wolkenmassen

Den Sommertag in dunkeln Flor.

Wie brüllen der Verheerer Schaaren

Wild jauchzend in die rothe Gluth!

Sie mag dem Land es offenbaren,

Daß ihre Arbeit noch nicht ruht.


Es steht ein Gotteshaus, gelehnet

An tannengrüne Bergeswand,

Wo heil'gen Frieden, längst ersehnet,

Manch Herz in stiller Zelle fand.

Dort schallt zu frommer Feste Feier

Der Chorgesang bei Weihrauchduft;

Dort hüten Frau'n im schwarzen Schleier

Die Todten in der Fürstengruft.


Bleibst du dem Feindesgrimm verborgen,

Du heil'ge Stätte Lichtenthal?

Bringt dir nicht schon der nächste Morgen

Der Mordbrand-Fackel Loderstrahl?

Ehrt Der das Gotteshaus, das reine,

Der nie ein Heiligthum gescheut,

Der Todten Ruh, der die Gebeine

Der Kaiser in den Staub gestreut?


Kein Hoffen mehr, nur ein Ergeben

In Gottes Rathschluß, undurchschaut,

So stehn sie da, in stillem Beben,

Manch himmelblickend Auge thaut;

Doch in der reinen Frauen Mitte

Tritt jetzt des Klosters treue Magd:

"Gewährt, zu handeln mir die Bitte!"

Sprich freudig sie und unverzagt.


"Vertraut dem herrn, der in dem Schwachen

Zur rechten Stunde mächtig ist;

Nach meiner weise laßt mich machen,

Rath schaff' ich euch nach kurzer Frist!" -

Und wohl versehn mit frommer Gabe

Verläßt sie bald das Gotteshaus,

Und pilgert rasch mit Korb und Stabe

In das verheerte Land hinaus.


Nichts stört sie auf der frommen Reife,

Es irrt sie kein durchkreuzter Weg,

Sie braucht des Trankes kaum, der Speise,

Nicht müde wird ihr Fuß, so reg;

Rückschauend auf die Schwarzwaldberge

Steht sie am fluthenhellen Rhein,

Und wie gerufen nimmt der Ferge

Sie in den schwanken Rachen ein.


Und fort in unerschöpfter Schnelle

Eilt sie dem ziel der Reise zu,

Nur eine heilige Kapelle

Beut zum Gebet ihr kurze Ruh.

Jetzt ist der Reise Ziel erschritten,

Es steht die Magd in Hagenau,

Mit Thränen und beredten Bitten,

Vor einem Kriegsmann stolz und rauh.


Den mahnt sie an vergangne Stunden,

Wo er nach schwülem Kampfestag,

Bedeckt von brennend heißen Wunden,

Hilflos im Krankenbette lag;

Er denkt der Zeit, wo sein gepfleget

Die zarte, jungfräuliche Hand;

Sein Herz, zum Danke sanft beweget,

Die erste stille Lieb' empfand.


Von frommen Händen groß gezogen,

Bringt sie ihm Blumen duftig zart,

Buntfarbig wie der Regenbogen,

Zu füllereichem Strauß gepaart;

Der Jungfrau Bildniß, sich entringend

Aus Erdennacht ins Meer des Lichts,

Ins Reich der Himmel auf sich schwingend

Verklärten, sel'gen Angesichts:


"Du durftest nicht umsonst verpfänden

Der Pflegerin dein Ritterwort;

Nun schütze vor den Mörderhänden

Dein Dank des Friedens stillen Port!

Die Gottesblumen zu bewahren,

Beeile dich im Sturmgebraus,

Die dich gerettet in Gefahren,

Der rette du ihr heilig Haus!"


Kann er dem Sturme Halt gebieten,

Der braust auf höheres Gebot?

Kann schützen er des Klosters Frieden,

Das seines Herrschers Grimm bedroht? -

Wohl steht er da, in düsterm Sinnen,

Bis halb es in der Seele tagt,

Und rasch entsendet er von hinnen

Mit Rath und Trost die treue Magd. -


Noch sind die Brenner nicht gekommen;

Wer kam den Wüthenden zuvor?

Was lärmt und tobt im haus der Frommen?

Warum verstummt der Sang im Chor?

Es klirren Fenster, Ziegeln rasseln,

Der Dachstuhl fällt, wie ausgebrannt,

Färbt schwarz sich bei der Fackeln Prasseln

Des Klosters helle Mauerwand.


Nicht trägt, des Uebermuthes Beute,

Das stille Haus des Brandes Spur!

Es sind des Klosters eigne Leute,

Ihr Werk ist fromme Lüge nur;

Denn klug befolgen ohne Säumen

Die Frauen, was der Freund gelehrt,

Und in den unversehrten Räumen Sind sie verborgen, unversehrt


Da rollen Trommeln, gellen Pfeifen

Die Oos hinan mit wildem Klang:

Der Feinde trunkne Schaaren streifen

In tollem Muth das Thal entlang.

Doch wie im Klosterhof sie stehen,

Da blendet sie der Täuschung Wahn,

Was sie gewollt, ist schon geschehen:

Graus der Verwüstung starrt sie an!


Und wie bei wirbelndem Geschmetter

Die wilden Feinde weiter ziehn,

Im Dankgebet zu Gott, dem Retter,

Die frommen Klosterfrauen knie'n

Gesichert ist der Todten Frieden,

Gewahrt der Gottesbräute Schaar;

Manch obdachlosem Flüchtling bieten

Sich gern des Klosters Räume dar.


Gerhard Helfrich

Quellen[Bearbeiten]

  1. Badisches Sagen-Buch II auf Wikisource, S222