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Das Reh im Steinwäldchen (Sage)

Aus Stadtwiki Baden-Baden

Fresko in der Trinkhalle

Originaltext[1][Bearbeiten]

Ein Jüngling ging zu jagen

Mit seinem Hund allein,

Als es begann zu tagen,

Tief in den Wald hinein.


Da raschelt's in den Eichen,

Vorüber fliegt ein Reh,

An Weiße zu vergleichen

Dem frischgefallnen Schnee.


Und husch! mit Windesschnelle

Folgt Jägersmann und Hund,

Bis es an einer Quelle

Fast trutzig stille stund.


Doch, wie gelähmt die Glieder,

Der Jäger inne hält,

Und auf den Boden nieder

Ihm Pfeil und Bogen fällt.


Denn an des Brünnleins Rande

Im frischen, kühlen Gras,

Im silbernen Gewande,

Die schönste Jungfrau saß.


Die schlanke Hindin strecket

Sich ihr zur Seite hin,

Und schmeichelt ihr und lecket

Die Hand der Schützerin.


Die Dogge schmiegt sich zitternd

An ihres Herren Fuß,

Ein höhres Wesen witternd,

Dem sie sich beugen muß.


Die Maid, mit sanfter Frage

Sieht nun den Jäger an:

"Was hat, o Jüngling, sage,

Dir dieses Thier gethan?"


Der Waidmann bebt und wendet

Beschämt die Blicke ab,

Vom Sonnenglanz geblendet

Der ihr Gesicht umgab.


Und als er wieder schauet,

Da ist die Stätte leer;

Der Jüngling flieht, ihm grauet,

Er jaget niemals mehr.


Doch immer zieht's ihn, immer

An diesen Ort zurück,

Die Jungfrau sieht er nimmer, -

Verschwunden ist sein Glück.

Quellen[Bearbeiten]

  1. Badisches Sagen-Buch II auf Wikisource, S207